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Leonie

OLYMPIA PUR

Im Trainingslager in der Türkei erreichte uns im Februar 2020 die Nachricht von der Absage eines bevorstehenden Wettkampfs in Stockholm. Als wir nach Hause zurückkehrten, waren dann schon alle Schwimmbäder geschlossen. Ein Training im Wasser fand nicht mehr statt.

 

Wir nutzten die Zeit, um alle zusammen die Sauna in den Schwimmanlagen unseres  Würzburger Vereins zu renovieren. Ende März kam dann die Hiobsbotschaft: Tokio 2020 wurde um ein Jahr verschoben. Eine richtige Entscheidung, aber auch eine bittere Enttäuschung. Die Olympischen Spiele sind für Hochleistungssportler das wichtigste Event überhaupt. Wir trainieren jahrelang, um diese einzigartige Atmosphäre zu erleben und für unser Land zu starten. Und dann das! Ich war froh, dass ich mich schon bei der WM 2019 für die zehn Kilometer Freiwasser qualifiziert hatte. Meine Startberechtigung galt auch für 2021.

 

Ich habe mich mit Trockentrainingseinheiten fit gehalten, bis nach sieben Wochen endlich die Freigabe kam, dass Athletinnen und Athleten aus dem Bundeskader wieder ins Becken durften. Zu acht hatten wir jetzt das ganze Schwimmbad für uns alleine. Das war Luxus und bot mir die Gelegenheit, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, die ich für das Schwimmen auf lange Distanz im offenen Wasser benötigte. Auch für mein Studium blieb jetzt mehr Zeit. Insofern hatte die Pandemie auch ihre guten Seiten. Was fehlte, waren die Wettbewerbe. Erst nach einem Jahr, im März 2021, startete ich beim Freiwasser-Weltcup in Doha. Weitere fanden nicht statt. Für die Olympischen Spiele fehlte mir deshalb das Training unter realen Bedingungen, ich hatte ja eineinhalb Jahre nur in der Halle trainiert. Daraufhin habe ich mehrere nationale Schwimmverbände angeschrieben und hatte das Glück, dass Italien mir anbot, an den italienischen Meisterschaften und am vorherigen Trainingslager teilzunehmen. So war ich schließlich gut vorbereitet auf den großen Tag.

 

Tokio war für mich ein ganz normaler Olympischer Wettkampf. Klar, wir haben Masken getragen und wurden ständig getestet. Aber diese unnormale Normalität kümmerte mich nicht. Ich war einfach nur froh, starten zu können. Da wir alle lediglich für die Dauer unserer Wettkämpfe bleiben durften, reiste ich schon nach fünf Tagen zurück. Ich startete in der zweiten Hälfte der Spiele. Die Beckenschwimmer waren da schon wieder weg und ich hatte ein ganzes Apartment für mich alleine. Das angenehm leere Olympische Dorf war super organisiert und die Stimmung entspannt. Es gefiel mir, dass wir Athletinnen und Athleten durch nichts abgelenkt wurden und uns voll und ganz auf den Sport konzentrieren konnten. Für mich waren es jedenfalls sehr, sehr gute Spiele und ich machte das bisher beste Rennen meiner Karriere.

 

Ganz spurlos ist die Pandemie trotzdem nicht an mir vorbeigegangen. Es ist nicht einfach, jeden Tag Höchstleistungen aus deinem Körper rauszuholen, wenn du nicht weißt, ob und wann du das nächste Mal startest. Wir setzen uns in jeder Saison Ziele wie z.B. die erfolgreiche Teilnahme an der EM oder WM. Und die fielen alle nach und nach weg. Aktuell ist mein Antrieb die Weltmeisterschaft, die im Juni in Budapest stattfindet. Und dann rückt ja auch Olympia 2024 in Paris schon näher.

 

28. Januar 2022

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Leonie Beck (24) nahm 2021 für Deutschland an den Olympischen Spielen in Tokio teil und ist  eine der erfolgreichsten Freiwasserschwimmerinnen der Welt. 

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