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Gitti

GLÜCK AUF PFOTEN

Das Reisen ist ein wesentlicher Teil meines Lebens und ich habe sehr darunter gelitten, dass mein Bewegungsradius so schrumpfte. Die Pandemie überraschte mich in Indien und nach einer abenteuerlichen Heimkehr blieben die Koffer für lange Zeit ausgepackt. Einen Hund oder eine Katze wollte ich schon immer, habe aber darauf verzichtet, um etwas von der Welt zu sehen. Jetzt war der passende Moment da und ich habe Luna adoptiert.

 

Als hätte ich wieder ein Kleinkind, drehte sich von nun an alles um die Katze. Die stellte mein Leben ganz schön auf den Kopf. Ich war erstaunt, welches Maß an Fürsorge und Zuneigung ich in kürzester Zeit für die kleine Kreatur entwickelte. Sie hat mich zum Lachen gebracht in der tristen Lockdownzeit, hat aber auch meine Nerven strapaziert. Nachts tobte sie durch die Wohnung, warf Blumentöpfe um und kletterte an den Vorhängen hoch. Ohne Pause verlangte sie nach Aufmerksamkeit und Spieleinheiten. Das kann schnell zum Fulltime-Job werden. Gut, dass mein Sohn und seine Frau ebenfalls ihre Tierliebe entdeckten und gelegentlich das Sitting übernahmen. Als ich zum ersten Mal wieder für mehrere Wochen in den Süden flog, zog Luna bei den beiden ein. Aber schon nach wenigen Tagen habe ich sie schrecklich vermisst. Sie mich offenbar auch, denn bei meiner Rückkehr zeigte sie mir beleidigt die kalte Schulter. Da half nur eins: die junge Dame musste das Reisen lernen.

 

Ich schaffte einen speziellen Katzenrucksack an, übte mit ihr in Berliner Parkanlagen und bald brachen wir für ein Vierteljahr zusammen nach Portugal auf. Das ist ein anderes Unterwegssein, ein paar Abstriche muss ich schon machen. Nicht jede Airline transportiert Haustiere, ich werde jetzt auch mal auf teurere Flüge ausweichen müssen. Meine Begleiterin muss außerdem angemeldet werden. Spontan aufbrechen geht nicht mehr. Ebensowenig wie das bequeme Einchecken mit Handgepäck. Aber Luna ist eine angenehme Reisegefährtin und akzeptiert neue Umgebungen ruckzuck. Ich kann daher meine Sehnsucht nach fernen Orten wunderbar mit meiner neuen Liebe verbinden. Zumal sich meine Präferenzen in den letzten Jahren verändert haben. Ich mag es nicht mehr, von einem Ort zum nächsten zu tingeln. Um Touristenmagnete mache ich einen großen Bogen und lasse mich bevorzugt an weniger frequentierten Orten nieder, um von dort aus die Gegend zu erkunden. Es ist erfüllender, den Alltag mit Einheimischen zu teilen als hektisch alle Lonely-Planet-Empfehlungen abzuarbeiten.

 

Luna ist jetzt anderthalb Jahre alt und ruhiger geworden. Sie tut meiner Seele gut. Ist etwas mit mir nicht in Ordnung, merkt sie das sofort und tröstet mich. Während ich morgens dusche, sitzt sie hinterm Vorhang auf dem Wannenrand, um anschließend in der verbliebenen Pfütze ihre eigene Morgentoilette zu erledigen. Und wenn ich mit ihr spiele, werde ich selbst wieder zum Kind.

 

In einer Woche ziehen wir wieder los. Diesmal geht’s für ein paar Monate nach Ibiza. Ich denke mittlerweile über weiteren Familienzuwachs nach, über einen Welpen. Ausgewachsen dürfte der höchstens 6 kg schwer sein, damit ich ihn mit ins Flugzeug nehmen kann. Tierische Zeiten sind das.

 

04. Januar 2022

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Gitti (65), Journalistin, Bloggerin und Weltenbummlerin, ist während der Pandemie auf die Katze gekommen.

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