Elliot
BADESEE STATT MITTELMEER
Ich lasse mir nicht gerne etwas vorschreiben, schon gar nicht, dass ich zuhause bleiben und keinen Sport mehr machen soll. Einmal war ich in Quarantäne - das war die Hölle für mich. Ich will raus an die Luft und brauche Menschen um mich herum. Wenn ich alleine bin, gehe ich ein wie eine Blume ohne Wasser. Deshalb ist auch meine Angst vor Isolierung größer als die vor Corona.
Manchmal war ich wütend und wollte das alles nicht mehr so richtig verstehen. Ich bin Student in den vielleicht besten Jahre meines Lebens, eines davon konnte ich jetzt streichen. Da fragte man sich schon mal, ob der Schaden, der durch die Corona-Maßnahmen angerichtet wurde, nicht vielleicht größer war als der Nutzen. Warum mussten sich so viele Menschen so sehr beschränken? Warum wurden so viele Existenzen aufs Spiel gesetzt? Im Nachhinein schäme ich mich für diese Gedanken, da man niemals Menschenleben gegeneinander abwägen sollte.
Ich war in den letzten Zügen meines Technologiemanagement-Studiums, als das mit dem Virus losging, und saß an meiner Bachelorarbeit. Meinen Betreuer habe ich damals nur in Videokonferenzen gesehen. Aber das war ok, da das Schreiben sich ohnehin zuhause abspielte. Ich wohnte in einer WG, war also nicht allein. Auch mein Job als Werkstudent in einer Unternehmensberatung funktioniert bis heute ganz gut online.
Viel schlimmer war die Sache mit dem Sport! Ich war lange Zeit Leistungsschwimmer und bis heute ist mir regelmäßiges Training sehr wichtig. Schwimmen, Fitness, Fußball und Bouldern sind derzeit meine Favoriten - nichts davon war mehr möglich. Ich bin dann Laufen gegangen und habe mir Hanteln besorgt. So habe ich mich irgendwie arrangiert und mein Trainingslevel einigermaßen gehalten.
Ich hatte geplant, nach dem Studium ein paar entspannte Monate zu genießen. Das waren die dann auch, ich konnte nur leider wenig tun, was Spaß macht. Alles war geschlossen und Reisen war kaum möglich. So habe ich viel Zeit am Badesee verbracht. Ich war Single und fand es doof, allein gegen die Einsamkeit zu kämpfen. Aber das mit der Partnersuche gestaltete sich schwierig. Ich versuchte es mit Online Dating und traf ein paar ‚Kandidatinnen‘ zum Spazierengehen. Aber mit einem mulmigen Gefühl und übergroßer Vorsicht lässt die Liebe auf sich warten.
Auch die Jobsuche war frustrierend. Ich wollte nach dem Bachelor eigentlich anfangen zu arbeiten. Aber wieder hat Covid mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn viele Firmen haben jetzt Personal abgebaut oder hatten Einstellungsstopp. Also entschied ich mich für ein Masterstudium. An Homeschooling und Homeoffice habe ich mich inzwischen gewöhnt und weiß die Vorzüge sogar sehr zu schätzen. Vielleicht liegt das an meiner Situation: ich bin inzwischen in einer Fernbeziehung, da ist flexibles Studieren und Arbeiten sehr angenehm. Vielleicht sträube ich mich aber auch einfach nicht mehr so gegen die geänderten Verhältnisse.
21. Juli 2021

Elliot (24) ist Student der Wirtschaftspsychologie, leidenschaftlicher Sportler und lässt sich nicht gerne einengen.